Günther Förg: Felder – Ränder

Texte (ital./dt./eng.) von Rudi Fuchs, Max Wechsler
144 S. mit 100 farbigen Abbildungen
Format 32 x 24,5 mm, Leinenband, Titel- und Rückenprägung, dopplet gefalteter Schutzumschlag

ISBN 978-3-936859-65-2

148,00 €

Furchtloser Förg

Das schreibt Rudi Fuchs und fährt fort: »Es gibt in Günther Förgs Schaffen eine gewisse Chronologie: wann er eine bestimmte Strategie zum ersten Mal benutzte, und was darauf folgte. Doch hat sie angesichts seiner Arbeitsweise wenig Bedeutung. Mondrian hat, wie es scheint, in seiner abstrakten Phase eine Variation nach der anderen gemacht, stets jeweils präziser als die vorherige. In seiner Kunst gibt es den Gedanken des Fortschritts. Günther Förg dagegen dreht Kreise. Es gibt also keinen Grund, weshalb ein bestimmter Entwurf nicht noch einmal zur Anwendung kommen sollte. Bei jeder neuen Anwendung eines Entwurfs werden neue Wirkungen zutage treten, die als bildnerisches Wissen in sein stets wachsendes Repertoire eingehen. Man betrachte zum Beispiel folgenden Entwurf: gemalte Raster aus recht kurzen, einander kreuzenden Linien. Die Raster können lose oder kompakt, farblich reich oder karg sein. Schließlich kann man auch die Länge der Linien variieren oder Fragmente verschiedener Raster lose und aufs Geratewohl zu einer Art Collage kombinieren. In der vor kurzem gezeigten Züricher Ausstellung sah ich auch ein Gemälde mit einem sehr dichten Raster in flammendem Rot, leuchtend wie ich es noch nie zuvor gesehen hatte. Eine weitere neue Erfindung: Offenbar ist die Rastermethode auf die entspannte Art, wie Günther Förg sie einsetzt, unerschöpflich. Er ist ein Abenteurer. Die frühen abstrakten Meister hatten den Drang, ihre Praxis zu kontrollieren. Sie waren sehr umsichtig, Mondrian und Malewitsch. Aus ihren Schriften wissen wir, in welch hohem Maße sie ihre Kunst als spirituell betrachteten. Sie brauchten dieses Bestätigungsgefühl. Schwitters und Mirò waren weniger prinzipiengebunden, trugen aber noch immer als Verantwortung die philosophische Besonderheit mit sich, abstrakte Kunst zu machen. Um keines dieser Hemmnisse kümmert sich Günther Förg. Deshalb ist er in seinem lakonischen Entwerfen von Bildkonstruktionen in der Lage, das gesamte Spektrum an visueller Reichhaltigkeit aufzufalten und durchzuführen, das allein abstrakte Kunst bieten kann.
Nach einer langen Laufbahn geometrischer Kunst begann sein großer Kollege Sol Lewitt, farbenfrohe Zeichnungen mit ausschwingenden, wogenden Linien anzufertigen. Ein Verstoß gegen das Prinzip? Das war es, was manche Kritiker dachten: Sol sei auf Abwege geraten. Warum, fragten sie? Sol schwieg kurz und sagte dann: Warum nicht? In der Tat. An dieser Stelle ist, auch in Günther Förgs Werk, die abstrakte Kunst, die grandiose moderne Erfindung, angekommen – bei der umfassenden, unbeschränkten, furchtlosen Handhabe über alle ihre Mittel und Wege.«