Enoc Perez: Tender

Text (dt./eng.) von Marc von Schlegell
64 S. mit 24 farbigen Abbildungen
Format 25 x 26 cm, Softcover

ISBN 978-3-940953-06-3

(vergriffen)

Naive = Modernismus?

»Die Bilder von Enoc Perez erkennt man auf den ersten Blick«, schreibt Marc von Schlegell in seinem Text, denn »die eigenartige Oberfläche wirft ein Pathos auf ihre fotografischen Vorlagen, das diese genial ihrer Intimität und sodann der öffentlichen wie ikonografischen Bedeutung beraubt. Durch die Oberfläche werden die Bilder zum Gemälde. Das Ausgefallene daran ist, dass Perez’ Oberflächeneffekte das Ergebnis einer Abwendung von der Malerei hin zum Zeichnen sind. Die Oberfläche vermittelt uns eine in den Bildern des Künstlers spürbare theoretische Bewegung, eine Drehung zwischen verschiedenen Schulen der Kunst, Kulturen und Einflüssen. Die Bewegung erreicht keine Auflösung, kein theoretisches Ende, keine quasi-historische Aussage. Letztlich bleibt ein Bild, das als endgültige Aussage verstanden werden kann. Doch welche Art von Bild? Definiert wird es allein durch das Material. Sicher nicht durch die Motive. Perez trägt Postkartenbilder, aus dem Netz heruntergeladene Bilder oder seine eigenen Polaroids schichtweise auf, indem er Papier, das rückseitig einfarbig mit Ölkreide bestrichen wird, auf Leinwand oder Papier aufbringt und dann von der Rückseite her durchzeichnet. Die Zeichnung wird abgezogen, sodass ein Farbabdruck zurückbleibt. Die Zeichnung, die grobe Handschrift des Künstlers, steht in aktiver Konkurrenz zu den Bildern und deren Vertrautheit aus der Postmoderne und manchmal der Pop-Art. Wenn ein Foto, wie Susan Sontag in Anlehnung an Roland Barthes sagt, »nicht nur ein Bild ist ( so wie ein Gemälde ein Bild ist ) … sondern auch eine Spur, ein direkter Abdruck des Realen, wie bei einem Fußabdruck oder einer Totenmaske«, dann hat Perez das Privileg des gewählten Fotos hinsichtlich der Realität mit der echten Hand des Künstlers, des Druckers, des Handwerks, aufgelöst. Letztlich ist das Bild ein Schnappschuss eines Ereignisses, einer Reihe von Ereignissen, die denen des Fotos gegenüberstehen oder diese überlagern. Das Ergebnis dieses Verfahrens mag an andere Künstler, etwa Warhol oder Tuymans, erinnern, doch angesichts seiner merkwürdigen Beziehung zum Bild und seiner Aussage zur heutigen Malerei könnte man auch von einer Eigenart von Perez sprechen.«