Benjamin Katz: Fleurs

Kat. Knust Kunz Gallery Editions

Ausstellungskatalog
Text (dt./eng./franz.) von Eric Darragon
40 S. mit 17 Abb. in Duotone
Format 24 x 18 cm, geklammertes Heft
alle Exemplare vom Künstler signiert

ISBN 978-3-86442-315-4

19,80 €

Vergessen Sie Ihre Blumen nicht, ­Monsieur Katz!

Im Leben eines Blumenstraußes gibt es manchmal einen Photographen. Und im Leben eines Photographen gibt es gelegentlich Blumen. So ist es Benjamin Katz passiert, und vielleicht musste es ausgerechnet ihm passieren. Sein ganzes Leben lang hat er Künstlerportraits geschaffen. Tausende von Portraits, nicht von Tausenden von Künstlern, aber immerhin von einigen Dutzend. Unnötig, sie alle zu benennen. Es sind jedenfalls mehr, als man meint. Er hat sie vor allen anderen entdeckt. Und nach all den Jahren, in denen er da war, nach all den Werken, die er zum Vorschein gebracht hat, die er teilweise als Erster gesehen, als Erster besessen, als Erster hergezeigt hat, verlässt er nun seine Wohnung, sagen wir: am Morgen, wenn es der Tag ist, an dem er auf dem Markt einen Blumenstrauß kauft. Diesen Strauß des Tages, den er mühelos findet, trägt er zu sich hinauf auf sein Stockwerk, stellt ihn in eine Vase, lässt ihn in seinem Universum am immer selben Platz posieren, auf der Herdplatte in der Küche; dann macht er ein Photo. Immer dasselbe Photo mit demselben Objektiv, und weil er diese Prozedur wiederholt, erhält er, egal ob es draußen schön oder scheußlich ist, eine Folge von Tagen mit Blumen, wie für einen Kalender von der Post. Nur, dass man die Tage nicht zählt, sondern lediglich einige Veränderungen bemerkt. Die Blumen wechseln, das Blumenwasser wird gewechselt, auch der Photograph ändert sich ein wenig, aber das Bild ändert sich nicht, es bleibt immer ein Bouquet. Das Bild fängt die Identität nicht ein. Eher die Alterität. Ein ­Anderssein, das in seinem Gefäß der Ungewissheit entgegenwelkt. Wenn einem der Name der Blume geläufig ist, ist nicht viel gewonnen. Die Blumen­maler von einst erzählten in ihren Bildern ganze Romane. Die Blumen des Photographen wissen nicht so viel zu berichten. Sie wandeln sich nur jede auf ihre Art in sich selbst. Und dann reihen sie sich ein in den Reigen all jener Blumen, die man immer zeigen wollte, ehe sie verwelken. Hat man, angesichts des in Antwerpen geborenen Photographen, je Tulpen verschwinden sehen? Jedenfalls hat man, seit es Rosen gibt, nie einen Gärtner sterben sehen. Tritt einen Schritt zurück, alter Leser der Zauberformeln. Es ist nur ein Strauß für alle anderen Sträuße. Und auch nur ein Photo für alle anderen Photos. Nicht stören, da sind Erinnerungen im Gang!  Eric Darragon

Ausstellung:
Galerie Sabine Knust, München, 6–29/2/2020