Georg Winter: Deutscher Holzschnitt nach ’68

Kat. Städtisches Kunstmuseum Spendhaus Reutlingen

Ausstellungskatalog, hrsg. von Herbert Eichhorn
Texte (dt./eng.) von Uwe Degreif, Karsten Müller
112 S. mit 100 s/w Abbildungen
Format 29,7 x 21 cm, Softcover

ISBN 978-3-86442-059-7

19,80 €

Der wahre Deutsche Holzschnitt!

Das Museum ist nicht das Terrain, das Georg Winter für seine künstlerischen Arbeiten favorisiert, und eine weitgehend klassische Ausstellungssituation, mit Arbeiten auf Papier an den Wänden, ist nicht das gängige Format, in dem der Künstler sich normalerweise zu Wort meldet. Temporäre Laboratorien, interdisziplinäre Forschungsprojekte oder auch Self Organizing Performances sind normalerweise die Betätigungsfelder, mit denen Georg Winter im öffentlichen Raum wirkt und mit denen man sein Werk unmittelbar in Verbindung bringt. Georg Winter hatte ja auch von 2003 bis 2007 eine Professur für Kunst und Öffentlichen Raum an der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg, seither ist er an der Hochschule der Bildenden Künste des Saarlands in Saarbrücken Professor für Bildhauerei und Public Art. Dass jedoch zu fast allen seinen Projekten eindrucksvolle Holzschnitte entstehen und dass diese häufig auch Teil der installativen Arbeit sind, wird angesichts der vielfältigen Aktivitäten Georg Winters gern einmal übersehen. Tatsächlich arbeitet er aber seit seinen Anfängen kontinuierlich in diesem Medium und hat so in den letzten Jahrzehnten einen Corpus von insgesamt einigen Hundert Motiven erststellt, aus dem diese Publikation erstmals einen Querschnitt zeigt, wie auch das Städtische Kunstmuseum Spendhaus in Reutlingen daraus eine exemplarische Auswahl zur Ausstellung gebracht hat. Mit vertrauter Holzschnittästhetik haben die Arbeiten Georg Winters wenig gemein und setzen nicht  auf sinnliche oder haptische Qualitäten eines pastosen Farbauftrags beziehungsweise auf hochwertiges Papier als Druckträger. Georg Winter druckt seine Motive stets komplett homogen in Schwarz und auf Transparentpapier. Dadurch wirken diese zum Teil wie Schaubilder, auf denen die verschiedenen technischen Geräte nebeneinander stehen und erläutert werden, wenn sie in einem Projekt zum Einsatz kommen. Dieser stets sachliche Ton knüpft an eine heute kaum mehr präsente Tradition des Hochdrucks innerhalb der Moderne in den 1920er Jahren an, wie sie etwa durch die Kölner Progressiven oder auch Otto Neuraths Wiener Gesellschafts- und Wirtschaftsmuseum stilistisch forciert wurde. Und so ist der Buchtitel »Deutscher Holzschnitt nach ’68« vom international vernetzten Künstler, der zwischen Ungarn und Deutschland pendelt, natürlich auch als ironische Abgrenzung gegenüber dem neuerdings wieder gängigen Holzschnitt gewählt!

Ausstellung:
Städtisches Kunstmuseum Spendhaus, Reutlingen, 12/7–6/10/2013