Franz Grabmayr: Oper 1970–1980

Blätter aus der Wiener Staatsoper

Herausgegeben von Jakob Grabmayr / Grabmayr Estate
Text von Robert Fleck sowie Interviews mit den Tänzer*innen von Patrick Schuster
88 S. mit 30 farbigen Abbildungen
Format 17 x 12,8 cm, Hardcover

ISBN 978-3-86442-446-5

24,80 €

»Der Nurejew ist auch nicht stehen geblieben in der Staatsoper, wenn ich gearbeitet habe«

»Ich mal die Bewegung. Dann ist es Tanz! Tanz ist Dynamik!« sagte Franz Grabmayr (1927–2015) in den 1980er Jahren über seine »Tanzbilder«. Der postabstrakte Wiener Maler hatte diese ­eigene Werkgruppe um 1971 an der Wiener Staatsoper während des Balett­trainings und abends während der Vorstellungen gestartet, wo er sich in einem Gang neben der Bühne, quasi zwischen zwei verschiedenen Vorhängen, mit Blick auf die Aufführungen aufhalten konnte. So bannte er mit Kohle und farbigen Tuschen die Gestalt sich bewegender menschlicher Körper auf Papier. In gewisser Weise, so Robert Fleck, hat er dabei die Atelierpraxis von Auguste Rodin noch einmal aktiviert, der oft ­mehrere Aktmodelle frei im Raum umher­gehen ließ, während er sie modellierte. Bei Franz Grabmayr sind die Modelle allerdings im Sinne der ­Cézanne’schen Modulation expressiv überhöht, ganz wie zuvor schon in seiner Landschaftsmalerei. »Die Figur wird eigentlich zerrissen, wenn eine Tänzerin sehr dynamisch arbeitet, wenn sie sich langsamer ­bewegt, werden die Blätter flächiger. Ich lasse die Tänzerinnen auch oft meine Blätter beurteilen, weil die haben gefühlt, was sie da ­getanzt haben. Und wenn sie das Gefühl im Blatt drinnen sehen, dann ist das Blatt gut für sie. Der Nurejew ist auch nicht stehen geblieben in der Staatsoper, wenn ich ­gearbeitet habe. Und so habe ich gelernt, aus der Bewegung heraus ­rhythmische Zusammenhänge zu malen.« Robert Fleck setzt diese Vor­gehensweise daher mit den programmatischen Aussagen der Avantgarde­bewegung der 1960er Jahre in Beziehung, die das utopische Ideal einer »direkten Kunst« propagierten. Dieser Vorstellung waren die Arbeiten von Franz Grabmayr eng verbunden, weshalb auch die Werke eines Frank Auerbach, Eugène Leroy oder auch Chaim Soutine als »Verwandtschaften« in ­Betracht ­ge­zogen werden können. Doch bleibt Franz ­Grabmayr mit seiner Malerei solitär, sind seine Strohballen­motive, ­Getreidefelder, Bäume und Wurzelstöcke, seine Landschaftsmalerei wie seine Arbeiten zum Tanz und zur Oper eine ­Ab­sage an jede Schwere in der Malerei. Wer will, kann in seiner Landschafts­malerei auch eine frühe künst­lerische Addressierung ökologischer Themen sehen. Die weit erfolg­­reichere junge Generation öster­reichischer Künstler*innen in den 1980er Jahren hatte Franz Grabmayr schon früh als Bezugs­punkt ­entdeckt. Und die soeben in der Albertina in Wien gestartete Ausstellung seines ­Werkes (bis 13. Oktober 2024) fügt ihn nun ­endgültig in den Kanon der Kunst der ­Moderne. Und seine »Tanzblätter« und »Tanzbilder« schweben im Raum, sie ­stehen dabei »für das Leichte« wie die Presse übereinstimmend meint.

Ausstellung:
Wiener Staatsoper, Wien, 4/9/2024 – 30/1/2025